Logbuch Tasmanien 2011 / 2012

4. Expeditionsbericht vom 14.02.2012

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Was ist es, dass Menschen dazu veranlasst den Mount Everest, den höchsten Berg der Erde, zu besteigen, in eisigster Kälte wochenlang zum Süd- oder Nordpol zu laufen oder mit 5,30 m langen Kajaks, um eine der wetteranfälligsten Inseln unseres Planeten zu paddeln?
Vielleicht ist es die Suche nach sich selbst und seinen eigenen Grenzen oder einfach der Wille etwas zu tun, was nur wenigen Menschen vergönnt ist. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum wir über drei Monate auf extremste Art die australische Insel Tasmanien bereisen. Beide haben wir den inneren Drang eine nahezu unberührte Welt zu sehen und an Plätze zu gelangen, welche so schön sind, dass man sie mit Worten kaum beschreiben kann.
Um an genau diese Orte zu gelangen, mussten wir viele Stunden, Tage und Wochen in unseren Booten sitzen, aber es hat sich gelohnt. Aus einer anfänglichen Strecke von 50 km wurden 500 km und letztendlich sogar mehr als 1.000 km.

In Stanley, an der Nordküste Tasmaniens, zelteten wir 2 Tage inmitten einer Pinguin-Kolonie und nicht nur die waren froh, als wir nach einem Sturm endlich weiter fahren konnten. Auf unserem weiteren Weg durchquerten wie die Robbins Passage, wo durch den extremen Gezeitenhub von mehr als 3 m, das Wasser unter unseren Kajaks verschwand und wir diese sogar ziehen mussten. Am berüchtigten Nord-West-Kap, wo die Einflüsse von Ebbe und Flut das Wasser scheinbar zum Kochen bringen und viele Schiffsfracks diese Urgewalt bezeugen, mussten wir erneut einen Tag Pause einlegen. Dieser wurde uns aber durch die Begegnung mit netten Menschen versüßt. Auf dem 19.000 ha umfassenden und damit größten Anwesen Tasmaniens wollten wir ursprünglich um die Erlaubnis bitten, am Woolnorth Point unser Lager zu errichten. Doch daraus wurden am Ende ein Grillfest mit neuen Freunden und ein Kricketspiel, was wir leider verloren haben.

Es fällt immer schwer nach solchen Lichtblicken die Segel zu streichen und wieder in die Ungewissheit aufzubrechen und noch vielmehr, wenn es in Richtung wilde Westküste geht! Von nun an heißt es doppelt so vorsichtig zu sein und lange Strecken ohne Landemöglichkeit im Boot auszuharren. Riesige Wellenberge, so genannte Swells, reisen ungebremst von Afrika bis zu dieser wettergegerbten Küste, um diese in einer unvorstellbaren Wucht zu formen. Wir sind von nun an diesen Gewalten hilflos ausgesetzt und passieren Cap Grim und die Doughboys, während 5 m - 6 m hohe Wasserwände auf uns zu rollen. Durch die Felsklippen werden diese zurück geworfen und bilden ein wirres Wellenmuster, in welchem wir wie zwei unscheinbare gelbe Bojen dahin treiben. Nun heißt es Nerven bewahren und einen Paddelschlag nach dem anderen leisten, denn unser Ziel ist weit entfernt und die nächsten 40 km können wir nicht an Land gehen. Hier gewinnt nur der Kopf, denn es gibt nur einen Weg und der führt uns nach Süden.

Der große Unterschied zu allen anderen Küsten Tasmaniens ist, dass wir weit draußen auf offener See, diese unvergleichbare Natur nur aus der Distanz bestaunen dürfen. Es gibt hier unzählige sichtbare oder versteckte Riffe, welche in plötzlich aus dem Nichts erscheinenden Monsterwellen zu einer tödlichen Falle werden können. Ein weiterer, aber sehr wichtiger Faktor welcher sich geändert hat ist das Wetter, dem wir nun mehr denn je ausgesetzt sind. An der Westküste wird durch mehrere Wartetage unsere Geduld auf eine harte Probe gestellt, denn die Information über das Wetter ist entscheidender als an anderen Plätzen Tasmaniens. Wenn man einmal einen sicheren Hafen verlassen hat, sollte man sicher sein rechtzeitig den nächsten zu erreichen. Nicht überall können wir mit unserer modernen Technik das Wetter der nächsten Tage in Erfahrung bringen. Dies ist ein Grund, aber vorrangig auch die Zeit, welche uns durch die Finger rinnt, weshalb wir uns schweren Herzens dazu entschließen bis Strahan zu fahren, dem letzten sicheren Hafen an der Westküste.

Bei starkem Gegenwind paddeln wir nur 4 km/h und der 30-Mile-Beach kurz vor dem Hells Gates, verbringt fast die gesamten 13 Stunden, die wir in den Booten saßen, an unserer Seite. Nach 57 km und unserem längsten Tag erreichen wir Macquarie Harbour und was für die Strafgefangenen im 18. Jahrhundert ein grausiger Anblick gewesen sein muss, ist die Erlösung für uns. Auf der einen Seite können wir aus Zeitgründen den Rest der Westküste nicht mehr meistern, haben aber so die Möglichkeit für mehrere Tage den Gordon River zu erkunden. Wären wir stur an der Westküste entlang weitergefahren, hätten wir nie die Chance gehabt, inmitten tausende Jahre alter Huon Pine Bäume, diesen uralten Flusslauf zu folgen. Wir erleben diese märchenhafte Naturkulisse in verschiedenen Stimmungen. Egal ob in Regen-Sonnenschein oder mystischen Nebel gehüllt, dieser weltentrückte Ort gehört zu den einzigartigsten Plätzen die wir je bereisten!

Unser Freund Mark holt uns in Strahan ab und fährt uns nach Cockle Creek von wo wir in den Kajaks weitere 100 km der Ostküste folgen. Während eine Gruppe Delfine die wärmenden Sonnenstrahlen dieses wunderschönen Tages genießt, gleitet unser treues Boot in Richtung Kingston. Die letzten Paddelschläge, dann ist es geschafft, hinter uns liegen 48 Tage und 1.260 km wunderschöne, aber auch raue und raffe See. Es ist ein erhebendes Gefühl was nur wenigen Menschen vergönnt ist. Auch wenn wir an manchen Tagen einen hohen Preis bezahlen mussten, wurden wir mit unbezahlbaren Eindrücken entlohnt! Wir haben immer die richtigen Entscheidungen getroffen, sonst wären wir nie so weit gekommen, denn das Meer verzeiht keine Fehler!

Da wir nicht nur im Boot, sondern auch zu Fuß und mit dem Rad diese einzigartige Insel Tasmanien erkunden konnten, kennen wir sie besser als die meisten Einheimischen. Was wir jedoch nie vergessen werden, ist die bedingungslose Herzlichkeit der Tasmanier, welche uns bei dieser Expedition immer zur Seite standen.

Einzigartige Geschichten, unzählige Bilder und viele Stunden Film berichten von dem was wir fanden - in "TASMANIEN - Am Ende des Regenbogens"

GIL & PEER
Hobart, am 14.02.2012

 

Impressionen

 

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